Fruchtbarkeitserhaltung

Fertilitätsprotektion

Derzeit existieren vier verschiedene Möglichkeiten zur Erhaltung der Fruchtbarkeit vor einer Eierstock-schädigenden Therapie. Diese sind nachfolgend aufgeführt:

„Ruhigstellung“ der Eierstöcke während der Chemotherapie mit einem sogenannten GnRH-Agonisten

  • wenig belastend und sofort durchführbar (z.B. als monatliche oder 3-monatliche Spritze)
  • aufgrund der uneinheitlichen Studiendaten zur Effektivität nicht als alleinige Methode zur Erhaltung der Fruchtbarkeit empfohlen
  • je nach zur Verfügung stehender Zeit bis zur zytotoxischen Therapie in Kombination mit einer Kryokonservierung von Eizellen und/oder Eierstockgewebe möglich
  • Kosten:
    • Deutschland:

      Selbstzahler-Leistung

    • Schweiz:

      Selbstzahler-Leistung

    • Österreich:

      Selbstzahler-Leistung

Gewinnung von Eizellen nach einer Stimulation der Eierstöcke

  • benötigtes Zeitfenster von mindestens 14 Tagen, mehrfache Durchführung in Abhängigkeit von der vorhandenen Zeit möglich und je nach individueller Eizellreserve ggf. auch sinnvoll
  • Chancen abhängig vom Alter, der Anzahl gewonnener/reifer Eizellen und der Grunderkrankung
  • spätere ICSI nötig
  • spätere Folgekosten im Sinne einer Eigenbeteiligung analog zu anderen Maßnahmen der künstlichen Befruchtung je nach Versicherungsstatus
  • späterer Embryo-Transfer auch möglich, wenn keine Eierstockaktivität mehr vorhanden ist
  • Kosten:
    • Deutschland:

      Kostenübernahme seit 01.07.2021 nach Veröffentlichung der ersten Kryo-Richtlinie durch den G-BA (Gemeinsamer Bundesausschuss) möglich (ggf. Abrechnungsprobleme an den Universitäten)

    • Schweiz:

      Kostenübernahme incl. der Lagerungskosten für 10 Jahre

    • Österreich:

      bei bestehender Partnerschaft anteilige Kostenübernahme (70%) durch den IVF-Fond möglich, sofern die Bedingungen für die Übernahme erfüllt sind, Lagerung als Selbstzahler-Leistung

Einfrieren von Eierstockgewebe

  • sehr kurzfristig durchführbar, benötigtes Zeitfenster ca. 2 Tage
  • spontane Schwangerschaften sowie Wiederherstellung der natürlichen Eierstockaktivität möglich
  • einzige Option zur Erhaltung der Fruchtbarkeit von Kindern und Jugendlichen
  • Risiko der Übertragung bösartiger Zellen bei der späteren Transplantation (abhängig von der Tumorart)
  • Kosten:
    • Deutschland:

      Kostenübernahme durch den G-BA geplant, momentan noch Selbstzahler-Leistung, nach Antragstellung zunehmend positive Einzelfallentscheidungen durch die Krankenkassen

    • Schweiz:

      Kostenübernahme incl. der Lagerungskosten für 10 Jahre

    • Österreich:

      Selbstzahler-Leistung

Operative Verlagerung der Eierstöcke aus dem Strahlengebiet

  • sinnvoll bei alleiniger Bestrahlung der Eierstöcke
  • Streustrahlung bei hoher Dosis trotz Eierstockverlagerung ggf. fruchtbarkeitsmindernd
  • ggf. Einschränkung der Fruchtbarkeit nach Mitbestrahlung der Gebärmutter
  • operativer Eingriff zur späteren Rückverlagerung der Eierstöcke erforderlich, wenn eine spontane Schwangerschaft möglich sein soll
  • nicht als alleinige Methode zur Erhaltung der Fruchtbarkeit empfohlen
  • je nach zur Verfügung stehender Zeit bis zur zytotoxischen Therapie in Kombination mit einer Kryokonservierung von Eizellen und/oder Eierstockgewebe möglich
  • Kosten:
    • Deutschland:

      Selbstzahler-Leistung (falls sonst keine Bauchoperation erforderlich)

    • Schweiz:

      Kostenübernahme

    • Österreich:

      Kostenübernahme

Maßnahmen nach der Chemotherapie:

Auch nach einer Chemotherapie und/oder Bestrahlung können ggf. noch fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen möglich sein. Wir empfehlen darum im individuellen Fall auch in dieser Situation eine Beratung. Ein weiteres wichtiges Gesprächsthema nach der Therapie kann die endokrinologische (= hormonelle) Nachsorge sein.

Alle diese Verfahren können miteinander – wenn sinnvoll und gewünscht – kombiniert werden.

Eine Möglichkeit, die Entscheidung der Patientin nach dem Beratungsgespräch hinsichtlich der fruchtbarkeitserhaltenden Maßnahmen zu erleichtern, stellt das hier verlinkte „Decision Aid“ dar.
Es handelt sich um ein von Psychologinn/en, Psychotherapeutinn/en und Reproduktionsmedizinerinne/n entwickeltes digitales Hilfsmittel bei der Entscheidungsfindung.

Detaillierte Ausführungen sowie ein Literaturverzeichnis finden Sie im FertiPROTEKT-Buch „Indikation und Durchführung fertilitätsprotektiver Maßnahmen bei onkologischen und nicht-onkologischen Erkrankungen“, 2. überarbeitete Auflage 2020, das von Mitgliedern des FertiPROTEKT Netzwerk e.V. geschrieben wurde und kostenfrei verfügbar ist.